Nach 2018 standen in diesem Jahr wieder ganz spezielle Europameisterschaften auf dem Plan, die «European Games». Ein Multisport Event mit insgesamt neun verschiedenen Sportarten. Ganze 177 Medaillensätze gab es zu gewinnen. Die ganze Stadt München widmete sich zwei volle Wochen den Sportarten. Der Olympiapark war voller sportlicher Attraktionen, Konzerten, Essensstände und vielen Fans, doch wie es so üblich ist, war Rudern etwas ausserhalb des Geschehens, nämlich an der Olympiastrecke in Oberschleissheim. So haben wir ausser am Abend nach unserem Final und über das SRF Sport App nicht viel von dem ganzen Trubel im Park und von anderen Sportarten mitbekommen. Was wir jedoch mitbekommen haben, waren die vielen Zuschauer auf der Tribüne und vor allem die vielen schweizer Fans mit den Kuhglocken! Es war ein grosser Motivationsschub, die letzten 500 Meter mit dieser Stimmung in Angriff zu nehmen.
Doch nun zu meinem Wettkampf: Das Meldefeld fiel relativ klein aus, doch es hatte es in sich. Nur acht Boote, von denen aus unserer Sicht alle Finalchancen gehabt hätten, vor allem da die Regattastrecke in München für ihre schwierigen Verhältnisse bekannt ist. Es muss also nicht nur schnell gerudert werden, sondern auch mit der nötigen Finesse, um problemlos mit den rauen Bedingungen zurecht zu kommen.
Und wie rau die Bedingungen waren! Im Vorlauf hatten wir genau eine Minute länger als normalerweise für unser Rennen. Eine Minute auf normalerweise 6 min 20 sec ist viel 😉 Der Gegenwind am Vorlauftag war unglaublich taff, dieser ist uns auch ein wenig zum Verhängnis geworden. Wir haben zu wenig sauber gerudert und mussten nach einem sehr guten ersten Streckenabschnitt das Boot aus England ziehen lassen. Wir hatten sehr mit den Wellen und der Stabilität zu kämpfen, sodass wir uns nicht vor ihnen halten konnten. Die Engländerinnen zeigten ein starkes Rennen und zogen an der Spitze fort, wir ruderten an zweiter Position ungefährdet Richtung Ziel. Der zweite Rang reichte leider nicht für eine direkte Finalqualifikation, so mussten wir den Umweg über den Hoffnungslauf am Folgetag nehmen.
Da aus beiden Vorläufen nur jeweils der Erste direkt weiterkam, fand der Hoffnungslauf mit einem vollen Feld statt. Unter die ersten vier Boote zu kommen, war die Voraussetzung und definitiv auch machbar, doch muss es auch immer noch gemacht werden. Wir meisterten unsere Aufgabe jedoch hervorragend und konnten einen Sieg nach Hause fahren. Die deutlich weniger harten Bedingungen gaben uns die Möglichkeit, unser bestes Rudern auszupacken und die ganze Konkurrenz hinter uns zu lassen. Mit einem etwas weniger guten Start als im Vorlauf setzten wir uns an die zweite Position hinter den Holländerinnen. Schlag für Schlag konnten wir die Lücke kleiner machen und uns bis zur Ziellinie eine Sekunde Vorsprung auf die Konkurrenz herausrudern. Ein Rennen, welches uns viel Selbstvertrauen und Freude für den Final brachte.
Das erste Mal, dass wir auf Elite Niveau als Medaillenkandidaten an den Start gingen. Da ist die Spannung definitiv noch grösser als sonst. Gar nicht so einfach von diesem Rennen zu berichten, denn angefangen hat es sehr gut. Auch wenn wir nicht vorne lagen, waren wir mitten im Feld und sind einfach unser Rennen gefahren. Auch von den Deutschen, die in der Bahn neben uns einen Blitzstart hingelegt haben, haben wir uns nicht verunsichern lassen. So überquerten wir die ersten und zweiten 500 Meter auf dem dritten Zwischenrang, doch Rang Zwei und Vier trennte gerade mal 0.7 Sekunden. Es war also unglaublich spannend, nur die Engländerinnen haben sich wieder gnadenlos und deutlich an die Spitze gesetzt. Leider konnten wir aber unser bisher supergutes Rennen nicht bis ans Ende hin mitnehmen. Etwas abgeschottet auf unserer Bahn konnten sich die Boote aus der Ukraine und Holland gegenseitig pushen und sich gemeinsam von uns absetzte. Genau in diesem Moment wurde der Wind stärker und genau wie im Vorlauf verloren wir unsere technischen Stärken und mussten uns schlussendlich mit dem vierten Rang zufriedengeben. Zuerst war die Enttäuschung natürlich riesig, doch mit etwas Abstand und einer Nacht Schlaf dazwischen können wir auch stolz darauf sein, was wir erreicht haben. Mit einer so jungen Crew bereits um die Medaillen mitfahren zu können, ist eine tolle Leistung und wir haben definitiv bewiesen, dass wir dazugehören. So bin ich zwar etwas enttäuscht, doch auch zufrieden aus München abgereist.
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